[2010/11 – Wutverschiebung]
Ich bin ja damals eingewiesen worden, das erste Mal, weil die haben ja damals die Bullen gerufen, als ich da meine Galgen-Applikation da gebastelt habe, wirklich bestand die aus zwei alten Gürteln und einem ganz kleinen Kleiderhaken, so ein ganz kleines Häklein, wo man siech unmöglich hätte dran aufhängen können. Das war eine Applikation, so ein Kunstwerk, ein Life Act, so habe ich es genannt, um die Leute wach zu rütteln, nach dem Motto: hier Leute, was ihr mit mir momentan macht, das ist einfach nur unfair, das ist erniedrigend und stresst mich ohne Ende, tötet unsere Freundschaft. Das habe ich denen auch erzählt. Kam dann die Polizei, hat sich das angeguckt und hat auch gesagt „Ja, Herr Krämer, das könnten Leute missverstehen, diese Galgen-Installation. Aber wir sehen ja hier, was bei Ihnen Sache ist, Sie haben ja voll Angst, dass Ihnen einer ans Leder will. Da kann nicht die Rede davon sein, dass Sie suizidär oder sonst was wären.“
Und 1 Tag später hat es dann doch noch funktioniert und die haben den angeblichen Suizidversuch dazu benutzt, um mich in die Psychiatrie reinzubringen. Die haben damals gesagt: der Hermann bringt sich um, und dadurch bin ich in die Psychiatrie gekommen und in diese ganze Hölle, die mich immer wütender und immer wütender gemacht hat. Ich bin durch diese Folter immer wütender und verzweifelter geworden, auch in der Wahl meiner Methoden. Die ersten drei, vier, fünf Male habe ich es noch versucht mit Aufklärung, mit gemeinsam an den Tisch setzen und Leute, lasst uns doch mal zusammen reden, das kann doch nicht sein, dass ich da dauernd in die Psychiatrie gebracht werde, bitte Leute, das ist falsch, das ist der falsche Weg, da ist mir eine Ungerechtigkeit widerfahren und die muss wieder ausgeglichen werden, sonst wird das nie enden.
Aber dann habe ich auch Dinge gemacht, zu denen ich selbst nicht stehe. Vor zwei oder drei Touren habe ich z.B. auch gesagt, dass meine Schwester ihre Kinder umbringt, habe also praktisch auch so eine Lüge erfunden und die der Polizei erzählt. Ich meinte: durch die Erziehungsweise bringt meine Schwester die Kinder um, durch meine frustrierte und frigide Schwester werden sie ihrer Kindheit beraubt, ihre Kindheit wird abgetötet. Und da ist dann auch die Polizei ausgerückt, und es gab einen riesen Ärger. Es ist aber dann nichts erfolgt. Also da ist es zu keiner Zwangseinweisung oder zu sonst etwas gekommen, nichts, gar nichts, also jetzt auf deren Seite, ne. Und beim letzten Mal, da habe Leute aus dem Umfeld meines Schwagers angerufen und habe denen gesagt, der Bernd bringt sich um, der Bernd will sich umbringen, der will sich mit dem Mofa im Bach ertränken! Das habe ich in meinem manischen Kopf einfach erfunden. Und siehe da: da sind auch nur ein, zwei Leute hingefahren, aber keine Polizei, kein gar nichts. Das war für mich irgendwie der Beweis, dass mein Bruder damals einen ziemlich guten Run gehabt hat, weil durch seine Falschaussage haben die es geschafft, mich in die Psychiatrie zu bringen. Ich hingegen schaffe so etwas nicht.
Und ich hätte solche Maßnahmen auch nie angewendet, aber durch diese ganze Wut, die ich erfahren habe, wirklich eine riesige Wutakkumulation, mache ich mittlerweile Sachen, hinter denen ich absolut nicht mehr stehe. Ich setze mich z.B. mit nacktem Oberkörper ins Internet und poste da irgendwelche Videos, wo ich irgendeinen Scheiß erzähle. Nichts Sinnvolles, nichts Weltbewegendes, nichts, was irgendwie Sinn und Zweck hätte. Ich setze mich da mit meiner dicken Wampe hin, ohne Schamgefühl, ohne alles und erzähle dann rum und spinne meine Theorien und veröffentliche das, so dass das tausende von Menschen sehen können bzw. auch Leute aus meinem Umfeld. Das ist einfach eine heftige und derbe Nummer. Und ich habe mir damit wahrscheinlich sehr viele Feinde gemacht oder damit nicht Feinde, aber viele Leute denken jetzt: ok, der Hermann hat wirklich einen an der Lampe.
Was mittlerweile auch echt an der Tagesordnung ist, also das ist auch wirklich der Fall. Diese Krankheit, die hat bei mir immer innegewohnt, das ist klar, aber so wie die da in Bonn damals zum Ausdruck gebracht worden ist, zum Ausbruch gebracht worden ist und dann vor allen Dingen nachher durch die vielen ungesühnten Zwangseinweisungen, die alle auf Gutdünken erfolgt sind. Also mein Bruder hat nur noch meine Eltern anrufen müssen: der Hermann macht dies, der Hermann macht das, ihr müsst ihn wieder zwangseinweisen. Ich konnte mir nichts mehr erlauben. Schon bei der kleinsten Kleinigkeit …
Einmal war es sogar so, dass ein Arzt mich nach drei Wochen zurückgeschickt hat und hat: „Ja, Herr Krämer, Sie sind ja gar nicht manisch, was machen Sie denn überhaupt hier?“ Und auch viele Patienten haben immer gesagt: „Hermann, du bist ja gar nicht manisch“. Bis dann, im Laufe der Jahre, nach der fünften, sechsten Zwangseinweisung, mit der dementsprechenden Fixierung, ich dann wirklich in solche Manien reingeglitten bin. Ich habe dieses Krankheitsbild adaptiert und ausgebaut. Es wurde am Anfang nicht mit Heilung geholfen, sondern die Krankheit wurde verstärkt, die wurde manifestiert. Auch durch Medikamente. Neuroleptika, die in meinem Gehirn die unheimlichsten Sachen angerichtet haben. Ich habe sämtliche Psychopharmaka durch, und das ist für mich mehr Ursache für die Krankheit oder für diese harte Ausprägung der Krankheit, sage ich jetzt mal, als alles andere. Ich mußte Pillen schlucken: andere, die das Zeugs nehmen, pusten nach 2 Wochen ihre Frau und ihre Kinder um. Dafür bin ich noch relativ milde.
Und dann die Betreuung, der Verlust des Arbeitsplatzes, der Verlust des sozialen Umfeldes. Leute, die ihren Arbeitsplatz verlieren und die ihre Leute verlieren: die meisten werden depressiv, andere werden dann auch manisch. Bei mir ist das aber auch künstlich induziert worden, durch halt eben die erste Falschaussage meines Bruders damals. Und dann war eine psychische Krankheit konstruiert, sie war manifestiert, sie wurde geboren, und ich wurde dementsprechend behandelt, und ich fing auch an, krank und manisch zu denken. Und das hat sich zu einer richtig prächtigen Krankheit entwickelt, unter der ich heute leide, wie gesagt bewusst leide. Weil, das ist kein Genuss zu wissen, dass man so viel Porzellan zerschlägt und sich seine Zukunftschancen so dermaßen kaputt macht.
Und, ja, es ist kein schönes Leben, auf keinen Fall, es ist kein schönes Leben. Ich bin in eine Falle geraten, und die hat sich verselbstständigt, und ich kriege diese Maschine wahrscheinlich nicht mehr aus eigenen Kräften gestoppt. Deswegen muss ich mich jetzt auch mit der Psychiatrie arrangieren, weil die entscheidet schlussendlich darüber, ob ich fixiert werde oder nicht. Ich muss, wie vom Alexander vorgeschlagen, wirklich im Vorfeld in die Psychiatrie gehen und sagen: Leute, wenns mir wieder gruselig wird, komme ich rechtzeitig hier hin und lass mich da mit Medikamenten behandeln.
Heute habe ich einen sehr guten Psychiater, mit dem man sehr toll und sehr gut und sehr lange reden kann, und der hat die Medikamente heute abgesetzt. Also ich bin de facto jetzt ohne Medikamente und habe mit ihm abgesprochen, dass ich nur Medikamente nehme, wenn wirklich eine Manie im Verzug ist, wenn sich da was aufbaut. Dann werden hochdosiert Medikamente genommen, um das abzufangen und abzumildern, diese Manie. Aber nicht mehr pro forma jahrelang Neuroleptika schlucken oder andere Medikamente, Phasendämpfer oder so was, die meinen Körper und meinen Geist zusätzlich belasten und mich einfach schwächen. Sondern dass ich nur dann die Medikamente nehme, wenns auch wirklich angebracht ist. Das andere ist ja wie, als würde man sein Leben lang Aspirin nehmen, nur um Kopfschmerzen vorzubeugen, ist ja Blödsinn. Wichtig ist es halt, die Zeichen einer Manie frühzeitig zu erkennen und da noch kontinuierlich und wirklich professionell, zur Not auch mit zwei, drei Wochen Klinikaufenthalt, sich wieder medikamentös einstellen lassen, bis die Symptome wieder halbwegs verklingen, anstatt pro forma die Medikamente zu nehmen und mich meinem Schicksal zu überlassen, bis die Manie dann doch ausbricht.
Denn die bricht so oder so aus. Diese Erfahrung habe ich gemacht. Die ist bei mir einfach drin, die ist so manifestiert worden, auch durch diese schreckliche Anzahl der Fixierung. Das ist ja in dieser Anzahl mittlerweile eine Seltenheit, sogar in Deutschland. Also ich kenne wenig Leute in meinem Zustand, die so oft fixiert wurden. Also ich bin ja kein körperlich aggressiver Typ oder einer, der dauernd wegläuft oder sonst was. Bei mir ist da immer viel Willkür dabei gewesen, ich wurde einfach pro forma fixiert, und die haben damit gar kein Problem. Ich weiß nicht warum, ob die dafür mehr Geld kriegen oder … manchmal kam ich in die Klinik rein und wurde pro forma schon mal direkt fixiert, einfach so, als Bestrafungselement. Und ich war niemals eigen- oder fremdgefährdend, niemals, nie, niemals. Eigen- erst recht nicht und fremdgefährdend schon dreimal nicht. Das sind einfach die Gründe für die Fixierung, in den ganzen 10, 15 Mal, ich habs irgendwann nicht mehr gezählt, sagen wir mal 15 Mal, wo ich wirklich ans Bett gefesselt bin für mehrere Stunden, teilweise auch für Tage, für mehrere Tage, da hat niemals Eigen- und Fremdgefährdung vorgelegen. Nun denn. So viel zum Thema.
Noch ein Nachtrag zu dem Thema Wutverschiebung. Also was ich mit der Wutverschiebung gemeint habe ist, dass damals die Lüge, die mein Bruder gebraucht hat, um mich in die Psychiatrie reinzubekommen, die Vortäuschung eines Suizids meinerseits, als er gesagt hat „Hermann wollte sich suizidieren, wir haben den gerade im letzten Moment noch los geschnippelt“, was totaler Irrsinn war, weil ich zu dem Zeitpunkt in meinem Zimmer war und war am Lesen, habe mich vor denen eingeschlossen, weil die echt aggressiv waren und voll auf Koks – da hat sich praktisch meine Wut verschoben. Also ich habe die vom Thomas adaptiert, und durch die traumatisierten Erfahrungen in der Fixierung ist das so dermaßen verstärkt worden, dass ich dann praktisch die Wut adaptiert habe und sie Leuten zumute, die eigentlich nicht die Hauptschuldigen waren und ich die aber trotzdem rauslasse, diese Wut. Das ist eine ganz schreckliche Eigenschaft. Ich habe diese Wut adaptiert, die nie aus meinem Kopf geboren ist, und das ist sehr traurig, dass die dann so in der Manie rauskommt, wo ich den Rest meines Lebens so ein braver, lieber Kerl bin, der keiner Fliege was zuleide tut und der total unmännlich ist, aber dann in der Manie absolut abgeht. Und ja, wirklich verbal entgleist. Das ist das, was ich mit Wutverschiebung meinte.